Cochabamba in Bolivien, SÜDAMERIKA
BOLIVIEN: Medizinische Situation
Bolivien gilt als das ärmste Land Südamerikas; mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze.
Rund ein Drittel der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt; die Geburtenrate bei jugendlichen Frauen (unter 19 J.) liegt bei rund 65 pro 1.000 Frauen (zum Vergleich: in Deutschland bei 8/1.000).
Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren beträgt rund 35 pro 1.000 Lebendgeburten (in Deutschland: 4/1.000).*
Mehr als die Hälfte der bolivianischen Bevölkerung lebt im Hochland Boliviens in 3.000 bis 4.000 Meter Höhe. In dieser Höhe sind nach Erfahrung der dort ansässigen Kardiologen angeborene Herzfehler doppelt häufig wie auf Meereshöhe. Jährlich kommen in Bolivien etwa 2.500 bis 3.000 Kinder mit einem Herzfehler auf die Welt.
Doch nur jeder fünfte Bolivianer hat eine entsprechende Krankenversicherung. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt die Diagnose und Behandlung von angeborenen Herzfehlern nicht. Die meist sehr gering verdienenden Eltern herzkranker Kinder müssen infolgedessen für die Operationskosten selbst aufkommen oder die Kinder sterben.
Ein weiteres Problem ist die geringe Anzahl an niedergelassenen Kinderkardiologen, die in den drei Großstädten des Landes überwiegend nur Privatpatienten annehmen.
Bis 2016 verfügte auch kein einziges Krankenhaus in Bolivien über eine Kinderkardiologie oder Kinderherzchirurgie.
Der daraus resultierende Mangel an ärztlicher Versorgung führt meist zu einer verspäteten Diagnose und Therapie angeborener Herzfehler.
* Quelle: UN Human Development Reports : http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/BOL
Stand: 04/20
AUFTRAGGEBER: Der Herzverein in La Paz
2007 wurde der "Herzverein" gegründet, um die ärztliche Versorgung herzkranker Kinder in Bolivien zu verbessern.
v.l.n.r.: Volontärin Emma, Vorstandsmitglied Dr. med. Inge von Alvensleben, Vorsitzende Susana Castellanos
Dank dessen Engagement, gesammelten Spendengeldern und internationalen Kooperationen ist das staatliche Kinderkrankenhaus am Regierungssitz La Paz in 3.600 Meter Höhe seit 2016 das erste Krankenhaus in Bolivien, das für Operationen angeborener Herzfehler eingerichtet ist. Da das Krankenhaus jedoch für viele kleine Herzpatienten zu hoch liegt, kooperiert es mit der Privatklinik Hospital Belga im tiefergelegenen Cochabamba.
Es fehlt jedoch sowohl in La Paz als auch in Cochabamba noch an Erfahrung in der Behandlung von hoch komplexe Herzerkrankungen, für die spezielle Kenntnisse aller beteiligten Fachdisziplinen benötigt werden, um eine Operation erfolgreich durchführen zu können. Der Herzverein sucht deshalb seit Jahren international nach Experten, die solche Operationen durchführen. Er erhielt bisher viele Absagen, da solch schwere Operationen in einem noch so unerfahrenen Umfeld lebensgefährlich sein können.
2019 hat Susana Castellanos, Vorsitzende des Herzvereins, von einem ärztlichen Kollegen erfahren, dass KIDS HEARTS INTERNATIONAL für derartige Missionen gegründet wurde und unter der Leitung von Prof. Dr. med. Joachim Photiadis gerne ehrenamtlich nach Cochabamba fliegen würde, um in Kooperation mit dem dortigen Ärzteteam operationsbedürftige bolivianische Kinder mit sehr komplexen angeborenen Herzfehlern zu operieren. Joachim Photiadis und sein Team operieren seit vielen Jahren rund 600 Kinder mit teilweise sehr komplexen angeborenen Herzfehlern jährlich.
1. MISSION: März 2020
Nach zwei- bis dreimonatiger Vorbereitung ist KIDS HEARTS INTERNATIONAL im März 2020 mit einem 7-köpfigen Bolivien-Team, jeweils einem Handgepäck für den Privatbedarf und weiteren sechs insgesamt 85 kg schweren Gepäckstücken voller Medizintechnik, OP-Material und Medikamenten von Berlin über Frankfurt, Sao Paolo und Santa Cruz nach Cochabamba geflogen, um dort Kinder mit Ebstein-Anomalie - einem besonders komplexen angeborenen Herzfehler - zu untersuchen und ggf. zu operieren.
Die Kosten für unsere Flüge und Unterbringung hat der Herzverein über Spendengelder finanziert. Für die geplanten 9 Tage haben wir Urlaub genommen, wobei all unsere Team-Mitglieder, die beim DHZB angestellt sind, 4,5 Tage als Sonderurlaub gewährt bekommen haben. Vielen Dank!
Leider hat die Corona-Pandemie unsere neuntägig geplante Mission auf nur 6 Tage vor Ort verkürzt, nach denen wir notgedrungen wieder abreisen mussten, weil sämtliche Grenzen geschlossen und Flüge storniert wurden.
Dennoch haben die 6 Tage gereicht, um die kleinen, für Operationen angedachten Patienten noch einmal gründlich zu untersuchen, das kooperierende bolivianische Ärzteteam im Hospital Belga kennenzulernen, die gemeinsame bevorstehende OP-Arbeit ausführlich zu besprechen und vorzubereiten und in Bolivien erstmals vier Patientinnen mit komplexer Ebstein-Anomalie sowie eine mehrfach voroperierte Patientin mit einer komplizierten Ausflusstraktenge erfolgreich zu operieren sowie dabei unser Know-how an das dortige Klinik-Team weiterzugeben, damit sie diese Operationen möglichst bald alleine durchführen können.
Alle Patientinnen sind wieder zuhause und wohlauf.